Muss der Reiseveranstalter die Kosten für Ersatztickets übernehmen, wenn Sie wegen einer Zugverspätung den Flug verpassen? Die Antwort lautet: Jein!
In einem vom AG Hannover am 18.12.2015, Az. 445 C 7017/15 entschiedenen Fall verpasste ein Ehepaar durch eine erhebliche Zugverspätung den Flug nach Thailand. Nach Ansicht des Gerichts muss der Reiseveranstalter die Kosten der Ersatztickets übernehmen. Die Zugfahrt sei in der Reisebestätigung kommentarlos als Reiseleistung aufgeführt gewesen, meinte das Gericht. Die Fahrt war unter dem Stichwort "persönlicher Reiseplan" aufgelistet gewesen. Die Bahnfahrt wurde auch im Reisekatalog beworben. In der Reisebestätigung sei der Reiseveranstalter als Vertragspartner bezeichnet (mit eigenem Logo).
Wenn der Reiseveranstalter für die Verspätung der Bahnanreise nicht haften will, müsse er das deutlich kenntlich machen und kommunizieren. Ein Ausschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter dem Stichwort "Haftung" allein sei dafür nicht ausreichend.
Anders entschied aber das AG Frankfurt am Main. In dieser Angelegenheit hatten die Kläger den Flughafen erreicht, als das Check-In bereits beendet war. Grund hierfür war, dass der ICE 103 Minuten Verspätung hatte. Den ICE konnten die Kläger im Rahmen des Rail&Fly kostenlos nutzen. Das Gericht entschied hier, dass die Reisenden Verspätungen einkalkulieren müssten. Sie hätten eine Zugverbindung nehmen müssen, womit sie regulär drei Stunden vor dem Abflug am Flughafen gewesen wären (Urteil des AG Frankfurt am Main vom 20.02.2018, Az. 32 C 1966/17).
Wenn Sie also aufgrund einer Zugverspätung Ihren Flug verpassen, lesen Sie sich zunächst Ihre Reiseunterlagen durch. Es kann sein, dass der Reiseveranstalter die Kosten für die Ersatzflugtickets zahlen muss. Bei Unsicherheiten können Sie auch rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Anders sieht es aber aus, wenn der Reisende nach dem Schließen des Check-In-Schalters am Flughafen erscheint. Auch wenn er ausgerufen und der Flug verspätet durchgeführt wird, besteht kein Anspruch auf Ersatz der Kosten für das Ersatzticket. Dies geht aus einer Entscheidung des LG Frankfurt am Main vom 26.11.2015, Az. 2-24 O 95/15 hervor. Die Reisegruppe habe keinen Anspruch auf Öffnung des Check-In-Schalters gehabt, auch wenn der Abflug sich verspätet habe und der Flug noch auf der Anzeigetafel angeschlagen gewesen sei. Es sei auch unschädlich, dass die Fluggesellschaft von der Verspätung der Reisegruppe gewusst habe.